Zweimal Krebs – und das Leben geht weiter

Das ganz persönliche Interview mit Josephine

Die Jahre um den Wendepunkt in die Dreissiger wurden für Josephine zu einer besonders herausfordernden Phase: Mit jungen 28 Jahren erhält die heute 38-jährige Erlenbacherin die Diagnose Schwarzer Hautkrebs, 2 Jahre später wird bei ihr Brustkrebs festgestellt. Wir haben uns mit ihr über diese turbulente Zeit unterhalten.

Mit Krebs Richtung Dreissiger – Magst du uns darüber erzählen, wie deine Geschichte begann?

Ich hatte damals, 2015, gerade meinen Job als Event Managerin ins Blaue gekündigt und kam im Sommer von 2 Monaten Surfen in Indonesien zurück. Mein damaliger Freund, inzwischen Ehemann, hat dann im Herbst bemerkt, dass sich ein Muttermal an meinem Nacken verändert hatte. Im November 2015 wurde ich wegen Schwarzem Hautkrebs operiert. Ich war damals mitten in der Stellensuche.

Krebs mit 28, das verändert das Leben bestimmt schlagartig. Wie hast du das erlebt?

Dass ich Krebs hatte, habe ich tatsächlich erst so richtig während des Krankenhausaufenthaltes bzw. während den Tagen danach realisiert, nachdem ich auch mit anderen Geschichten und Schicksalen konfrontiert worden war. Glücklicherweise hatte der Krebs noch nicht gestreut und daher waren auch keine weiteren Therapieschritte notwendig. Ich war mir meines Glückes bewusst und dankbar, dass ich, nach der Genesung, mein Leben normal weiterleben durfte. Ich trat eine neue Stelle im Event Marketing an, ging regelmässig Joggen, Kraulen und ins Barre-Training, praktizierte Yoga, lernte Indonesisch, lancierte nebenher eine Pop-up Brunch-Serie, unternahm Reisen und Ende 2016 verlobten mein jetziger Mann und ich uns.

Du hast dich also dazu entschieden, dein Leben aktiv weiterzuleben. Doch dann wurde aus dem «Leben nach Krebs» eigentlich ein «Leben zwischen Krebs». Denn 2017, einen Monat nach deinem 30. Geburtstag, hast du eine weitere Diagnose, Brustkrebs, erhalten. Was ging da in dir vor und wie hat sich dein Leben mit dieser zweiten Krebsdiagnose nochmals verändert?

Diese zweite Krebsdiagnose veränderte alles. Es fühlte sich an, als ob man mich in ein Paralleluniversum versetzt hätte. Ein Universum, in dem die Zeit stehen geblieben war, während dem sich die mir bekannte Welt einfach weiterdrehte. Zudem brachte diese Diagnose weitreichendere Veränderungen und eine ganze Reihe an Therapiemassnahmen mit sich: Brusterhaltende Operation, Eizellenkonservierungsprozess, Chemotherapie, 32 Bestrahlungen, eine auf 5 Jahre ausgelegte Antihormontherapie und eine weitere Brustoperation. Und dazwischen die vielen kleinen Nebenwirkungen, die in der Summe einfach auch oft zu viel waren.

Mein Leben fühlte sich jahrelang an wie 1 Schritt nach vorne, 2 bis 3 Schritte zurück. Die Folgen der Operationen und Therapien waren sehr belastend. Die Bewegungseinschränkungen, die Verspannungen, die Wechseljahre mit Hitzewallungen, Schlafstörungen, Gelenksbeschwerden, psychischen Verstimmungen, das neben-mir-Stehen, während ich eigentlich hier stand. Die daraus resultierende Fatigue.

Und trotzdem hast du es ein zweites Mal geschafft, dein Leben weiterzuleben. Du hast mitten im Krebs-Trubel geheiratet, bist Mutter geworden und stehst krebsfrei im Leben. Was hat dir dabei geholfen?

Ich musste einmal mehr akzeptieren, dass Leben Veränderung bedeutet. Dass ich besser mitgehe, statt dagegen anzukämpfen. Dass Selbstwirksamkeit ein wichtiger Aspekt für den Umgang mit Krisen ist. Und ich vertraute immer wieder in die einzige Konstante: in mich selbst, meine innere Stimme, meine Intuition. Meine Stimme, die sagte, dass ich darauf vertrauen kann, dass es gut kommt. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass man sein Leben weiterlebt, einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft wagt, Ziele weiterverfolgt. Dabei muss man gewisse Vorstellungen vielleicht loslassen, aber man sollte nicht vergessen, einen neuen Weg zu suchen. Eine optimistische Einstellung zum Leben braucht viel Disziplin und Durchhaltewillen, jeden Tag aufs Neue. So hielten wir auch am Hochzeitsplan fest und feierten 2018 nicht nur unsere Liebe, sondern auch das Leben.

Das Leben feiern – das durftet ihr dann auch 2020 nochmals, mit der Geburt eures Sohnes. Wie war denn eine Schwangerschaft inmitten der Therapien überhaupt möglich?

Auch für die Familienplanung hatte ich starkes Vertrauen. Analog einer Studie, für die ich mich aber aufgrund der ersten Krebsdiagnose leider nicht qualifizierte, durfte ich nach 1.5 Jahren Wechseljahren meine Antihormontherapie für eine Schwangerschaft unterbrechen und wurde kurze Zeit später schwanger. Die Antihormontherapie habe ich nach einem Jahr einseitigem Stillen wieder aufgenommen und dann aber, aufgrund der Nebenwirkungen, frühzeitig beenden dürfen.

Das klingt alles sehr fliessend, und dennoch enorm anstrengend. Was hat dir in dieser Zeit Kraft gegeben?

Es war tatsächlich sehr anstrengend und auch eine sehr durchgetaktete Zeit mit viel zu vielen Terminen. Da ich versuchte, meine Verspannungen und Schmerzen mit verschiedenen Methoden zu lindern, schaffte ich mir auch so immer mehr Termine und Stress – und am Ende half leider gar nichts davon. Bis ich ein Yoga für Krebserkrankte entdeckte. Dort konnte ich mir selbst wieder den entsprechenden Raum geben, für sanfte Bewegung, für mein eigenes Wohlbefinden, für die Verbindung zu mir selbst. Und es passte und fühlte sich richtig an, denn Yoga war bereits vor den Krebsdiagnosen, mal mehr, mal weniger, Teil meines Lebens gewesen.

Inzwischen hat sich auch deine Beziehung zum Yoga verändert. Du bist jetzt Yogalehrerin und unterrichtest unter anderem Yoga für Krebserfahrene. Warum? Wie kam das?

Ich hatte schon länger nach einem geeigneten Zeitpunkt für eine Yogalehrerausbildung gesucht, aber es passte nie richtig. Mit dem Beenden der Antihormontherapie merkte ich aber, dass es Zeit war, wieder in meine Balance zu kommen und der Zeitpunkt für solch eine Ausbildung nun gekommen war. Das eine folgte auf das andere und inzwischen bin ich auch ausgebildet im Bereich Yoga & Krebs. Ich möchte anderen Krebserfahrenen weitergeben, was mir in dieser schwierigen Zeit so sehr geholfen hat.

Mittlerweile belegen zahlreiche Studien, wie Yoga helfen kann, therapiebedingte Nebenwirkungen (wie beispielsweise Fatigue, Angstzustände, Depressionssyndrom) zu lindern und auch die Schlafqualität verbessern kann. Mit sanfter Bewegung können Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit entgegengewirkt werden und gleichzeitig schenkt Yoga körperliche Kraft und Flexibilität, stärkt Knochen, fördert die Körperwahrnehmung, stimuliert das Immunsystem und schafft Raum für Ruhe und Gelassenheit.

Informationen zu Yoga-Lektionen

Interessierte finden alle Informationen zu den laufenden Kursen (in der Gruppe oder im privaten Rahmen) auf der Website www.jogawellbeing.ch

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